Chronik des Rechtsschutzsaals

Chronik von Dr. Frank Hirsch / Arbeitskammer des Saarlandes


23. Oktober 1990
Errichtung der Stiftung Rechtsschutzsaal.

Die Stiftung soll den Rechtsschutzsaal erhalten und ihn zur Gedenk- und Informationsstätte der saarländischen Sozialgeschichte und Arbeiterkultur entwickeln. Die Gründungsmitglieder waren: das Saarland, die Stadt Friedrichsthal, der Stadtverband Saarbrücken, die Saarbergwerke AG, die IG Bergbau und Energie, die Arbeitskammer des Saarlandes, der DGB Landesbezirk Saar, der Gesangsverein Edelweiß-Germania 1868 und die Hans-Böckler-Stiftung.

Mitte 1989
Saarbergwerke AG

Die Saarbergwerke AG überschrieb das Gebäude der Stadt Friedrichsthal.

2. Januar 1895
Königlich Preußische Bergwerksdirektion

Die Königlich Preußische Bergwerksdirektion erwarb den Rechtsschutzsaal. In den folgenden Jahren wechselte die Nutzung mehrfach. Zunächst wurde er als Schulgebäude, dann als Werkskindergarten, Hauswirtschaftsschule und Nähstube für Bergmannsfrauen genutzt. In den 1970er Jahren wurden in das obere Stockwerk Werkswohnungen eingerichtet, während sich im Erdgeschoss Vereine einmieteten.

Dezember 1893
Neunkircher Brauerei

Aus der Konkursmasse wurde der Rechtsschutzsaal an eine Neunkircher Brauerei verkauft.

1. Juni 1893
Wilhelm Liebknecht

Wilhelm Liebknecht hielt im Vorfeld der Reichstagswahl vom 15. Juni 1893 im Rechtsschutzsaal eine Rede.

Ende Januar 1893
Gescheiterter Streik

Der gescheiterte Streik, die leere Streikkasse und schließlich der starke Druck der Obrigkeit führen zum Konkurs des Rechtsschutzvereins. Zahlreiche Mitglieder verlassen daraufhin – nicht zuletzt aus Furcht um ihre wirtschaftliche Existenz – den Verein. Die Bergwerksdirektion machte Wiedereinstellungen vom Austritt abhängig. Bis Juni 1893 sank die Mitgliederzahl auf 344.

19. Januar 1893
Streik wurde abgebrochen

Der Streik wurde abgebrochen. Der preußische Bergfiskus macht seine Drohung wahr und entlässt zahlreiche Kumpel. 2457 Bergleute wurden arbeitslos.

14. Januar 1893
Drohungen gegen Bergleute

Infolge von Drohungen sanken die Teilnehmerzahlen drastisch. Noch 8097 Bergleute befanden sich im Ausstand.

2. Januar 1893
Höhepunkt der Streikbeteiligung

25326 registrierte streikende Bergleute. Das entsprach rund 83 Prozent der gesamten Belegschaft. An diesem Tag erreichte die Bewegung damit ihren Höhepunkt.

31. Dezember 1892
Nikolaus Warken verhaftet

Nikolaus Warken wurde von der Polizei verhaftet, um der Streikbewegung die Führung zu nehmen.

30. Dezember 1892
Der Streik weitete sich aus

Der Streik weitete sich aus: 14220 Bergleute legten am Folgetag die Arbeit nieder.

29. Dezember 1892
6475 Bergleute legten die Arbeit nieder.
28. Dezember 1892
Versammlungen in Bildstock

Auf zwei Versammlungen in Bildstock beschlossen rund 4000 Bergleute den Ausstand für den folgenden Tag.

18. Dezember 1892
Wirt in Malstatt verweigerte Bergleuten einen Saal

Ein Wirt in Malstatt verweigerte Bergleuten einen Saal, die dort eine Versammlung abhalten wollten. In der Folge kam es zum Singen revolutionärer Lieder und einigen Rangeleien. Mehrere Bergleute wurden unter Protest festgenommen.

8. Dezember 1892
Rede von Nikolaus Warken in Bildstock

Rede von Nikolaus Warken in Bildstock vor 2000 Bergleuten: „Wir müssen uns selbst helfen, wie wir uns 1889 geholfen haben.“ Die anhaltend schlechte Lage der Bergarbeiter bildete den Anlass für verstärkte Aktivitäten des Rechtsschutzvereins. Andere Vorstandsmitglieder warnten vor Schwierigkeiten, da der Rechtsschutzverein „zu schwach und zu arm [sei], um einen Streik mit Erfolg durchzuführen".

25. September 1892
Festrede von August Bebel

Festrede von August Bebel mit dem Titel „Ultramontanismus und Socialismus“.

11. September 1892
Einweihung des Rechtsschutzsaals

Einweihung des Rechtsschutzsaals vor mehreren tausend Teilnehmern. Der Versammlungssaal bot etwa 1000 Personen Platz. Im Keller stand eine Druckerpresse für das Vereinsorgan „Schlägel und Eisen“.

1. August 1891
20139 Bergarbeiter gehören dem Rechtsschutzverein an

Dem Rechtsschutzverein gehörten zum Stichtag 20139 Bergarbeiter an, was einem Organisationsgrad von 68 Prozent entsprach. Zur selben Zeit begann Warken das Prinzip der partei- und konfessionsneutralen Einheitsgewerkschaft zu vertreten.

10. Mai 1891
Grundsteinlegung für den so genannten Rechtsschutzsaal

Grundsteinlegung für den so genannten Rechtsschutzsaal. Da die Polizei mehrfach Versammlungen von Bergleuten unter freiem Himmel verbot, wuchs der Wunsch des Rechtsschutzvereins nach einem eigenen Versammlungsgebäude. Um die geschätzten 50000 Mark Baukosten zu finanzieren, sollte jedes Mitglied eine Mark und zwei Backsteine beisteuern.

28. Juli 1889
Rechtsschutzverein wurde gegründet

Der frühgewerkschaftliche Rechtsschutzverein für die bergmännische Bevölkerung des Oberbergamtsbezirks Bonn, kurz: Rechtsschutzverein, wurde als Reaktion auf die schwierige Lage der saarländischen Bergarbeiter gegründet. Vorsitzender wurde Nikolaus Warken. Organisatorisches Vorbild war der Dortmunder Rechtsschutzverein.

15. Juni 1889
Bergwerksdirektion entließ Nikolaus Warken

Die Bergwerksdirektion entließ Nikolaus Warken, der unter dem Namen „Eckstein“ bekannt wurde, „wegen hervorragender agitatorischer Tätigkeit“.

23. Mai 1889
Saarländische Bergarbeiter traten in den Streik

Etwa 11500 saarländische Bergarbeiter traten in den Streik, der bis zum 3. Juni 1889 andauerte.

22. Mai 1889
15000 Versammlungsteilnehmer beschlossen einen Streik

15000 Versammlungsteilnehmer beschlossen einen Streik, um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen. Kaiser Wilhelm II. lehnte es unterdessen ab, die Delegation mit Nikolaus Warken und zwei anderen Bergarbeitern zu empfangen.

15. Mai 1889
Versammlung von 3000 Bergarbeitern bei Bildstock

Versammlung von 3000 Bergarbeitern bei Bildstock zur ihrer prekären Situation. Unter der Führung von Nikolaus Warken (1851-1920), Bergmann aus Hasborn, verabschiedeten sie das „Bildstocker Protokoll“. Darin wurden der Achtstundentag, ein Mindestlohn von vier Mark pro Tag sowie der Verzicht auf das Einsperren der Bergleute in den Bergwerken gefordert. Das Protokoll sollte als Petition an Kaiser Wilhelm II. gerichtet werden. Den Hintergrund bildeten die seit mehreren Jahren anhaltende Lohnstagnation, die steigenden Preise und die schlechten Arbeitsbedingungen. Zudem blickte man auf den Bergarbeiterstreik an der Ruhr vom 10. Mai 1889 als Vorbild.